Der Moorfundplatz bei Unterlübbe
Im Jahre 1916 entdeckte der Besitzer einer Wiese ca. 200m nördlich der letzten Häuserreihe in Hilferdingsen immer wieder Pfahlköpfe, die durch die Grasnarben stießen und ihn beim Mähen behinderten.
Von diesen Funden erfuhr der Archäologe Prof. Friedrich Langewische, der schließlich in den Jahren 1938 und 1939 in Abstimmung mit dem damaligen Landesmuseum für Vor- und Frühgeschichte eine Grabung veranlasste. Zum Vorschein kamen seinerzeit mehrere Reihen von Holzpfählen, die so angeordnet waren, dass man sie als Pfahlhäuser interpretierte.
Die Länge der Pfosten schwankte zwischen zwei und drei Metern, so dass die längeren Exemplare das an dieser Stelle etwa 2,5m mächtige Moor durchstießen und im festen Untergrund Halt fanden.
Weiterhin gefunden wurden die Reste eines sogenannten Bohlenweges (aus Ästen und Knüppeln zusammengelegt, um die Tragfähigkeit der Mooroberfläche zu erhöhen). Gefunden wurden auch Steinschüttungen, die, vermengt mit Holzkohle, Asche, Scherben und Knochen, in reichlicher Menge als Feuerstellen interpretiert wurden. Durch den Fund einer Augenfibel aus Bronze kam eine Datierung an den Beginn der älteren römischen Kaiserzeit in Betracht; also etwa in das erste Drittel des 1. Jahrhunderts n. Chr.
Weitere Grabungen wurden mit Ausbruch des 2. Weltkrieges eingestellt. Die Funde wurden im Westfälischen Museum für Archäologie in Münster eingelagert und gingen bis auf Fotografien, die während der Grabung gemacht wurden, durch Bombenangriffe verloren.
Noch in seinem Ruhestand bezeichnete Prof. Dr. Langewische den Moorfundplatz in Unterlübbe als den bedeutendsten seines Lebens.
Erst im Jahre 1985 und 1986 wurde von Dr. Werner Best vom Westfälischen Museum für Archäologie, Außenstelle Bielefeld, eine erneute Grabung veranlasst.
Wiederum wurden Pfostenreihen, Bohlenwege, eine Feuerstelle sowie zahlreiche Tier- und Menschenknochen gefunden. Aufschluss über die wahrscheinliche Bedeutung der Fundstelle gaben schließlich gefundene menschliche Skelettteile, die nicht etwa im natürlichen Verband, sondern über mehrere Quadratmeter der Grabungsfläche verstreut gefunden wurden. Krankhafte Veränderungen am Knochenbau, die auf Röntgenaufnahmen zu erkennen waren, gaben eindeutige Hinweise auf Mangelernährung. Durch Parallelen zu anderen Funden, insbesondere in Dänemark, wurde durch Dr. Best die Grabungsstelle in Unterlübbe schließlich als germanischer Opferplatz gedeutet, auf der Tier- und auch Menschenopfer dargebracht wurden. Aufgrund der Größe der Anlage kommt Dr. Best außerdem zu dem Schluss, dass dieser germanische Opferplatz nicht nur einer kleinen Gemeinschaft von Bauern als Kultplatz diente, sondern als überregionales Heiligtum im Rahmen eines sogenannten Feuerkultes genutzt wurde.
Datiert wurden die Funde aufgrund der Grabung im Jahre 1986 auf 300 Jahre v. Chr.
Damit ist die ursprüngliche Deutung der Fundstelle als sogenannte Fluchtsiedlung, die im Zusammenhang mit römischen Feldzügen nach der Niederlage des Varus im Jahre 9 n. Chr. zu sehen sei, nicht mehr haltbar.
Ausführliche Beschreibungen der Ausgrabungen finden Sie im Heft 1 der Beiträge zur Ortsgeschichte des Heimatvereins.